Prostitution: Was ist das?
Infos rund um die Sexarbeit
Prostitution – ein Thema, das oft hitzige Debatten auslöst. Ob als selbstbestimmte Wahl oder aus finanziellen Gründen, der Weg in die Sexarbeit ist so vielfältig wie die Menschen selbst. In diesem Artikel erfährst Du, was Prostitution wirklich bedeutet, welche rechtlichen Rahmenbedingungen es gibt und wo der Unterschied zur Zwangsprostitution liegt.
Was ist Prostitution?
Zuerst einmal die Grundlagen. Was ist Prostitution überhaupt? Der Wortursprung liegt bei dem lateinischen Verb prostituer, was so viel wie preisgeben oder zur Schau stellen bedeutet. Konkret geht es bei der Prostitution darum, sexuelle Dienstleistungen gegen Entlohnung anzubieten. Dabei ist es egal, ob eine Prostituierte die andere Person sexuell berührt, ihren eigenen Körper berühren lässt oder penetrativen Sex gegen Geld anbietet.
Dabei gibt es ganz verschiedene Formen der Prostitution, die auch entsprechend an unterschiedlichen Orten stattfindet. Ob in Wohnungen, Bordellen, Studios, auf Partys oder auf der Straße: Prostitution lässt sich an ganz verschiedenen Orten finden.
Obwohl Prostitution schon lange kein Nischengewerbe mehr ist, sind die Menschen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, oft mit extremer Stigmatisierung konfrontiert. Das Narrativ, dass alle Prostituierte zu ihrer Arbeit gezwungen werden, hält sich hartnäckig.
Die Gefahren durch Zwangsprostitution und Menschenhandel sind durchaus gravierend und müssen entsprechend ernst genommen werden – zugleich gibt es auch eine große Anzahl an Prostituierten, die ihren Beruf ganz freiwillig und ohne jeden Zwang wählen.
# Gut zu wissen
Als Synonym für Prostitution hat sich auch der Begriff Sexarbeit etabliert. Diese Formulierung soll betonen, dass es sich auch beim Verkauf von sexuellen Dienstleistungen um eine Arbeit handelt, die ernst zu nehmen ist und mit entsprechenden Gesetzten zu schützen ist.
Wer zählt als Prostituierte?
Wer zählt nun konkret als Prostituierte beziehungsweise als Sexarbeiter:in? Vermutlich denkst Du hier zuerst an Menschen, die in Bordellen arbeiten und hier Sex anbieten. Tatsächlich ist dies auch eine sehr weit verbreitete Form der Prostitution.
Doch viele Sexarbeiter:innen spezialisieren sich auf bestimmte sexuelle Dienstleistungen. So zählt beispielsweise auch eine Domina als Prostituierte, obwohl ihr eigener Körper in der Regel für die Kund:innen als unberührbar gilt. Da die Domina allerdings die Kund:innen auf sexuelle Art und Weise stimuliert, zählt auch ihre Arbeit als Sexarbeit.
Andere Sexarbeiter:innen spezialisieren sich für den Escortservice. Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, werden manchmal auch als Callgirl oder Callboy bezeichnet. Das kommt daher, da ihre Dienstleistungen oft nur einen Anruf entfernt sind. Die Besonderheit beim Escort: Hier geht es vor allem auch darum, Kund:innen zu Events und Veranstaltungen zu begleiten. Ob es im Anschluss auch tatsächlich zu sexuellen Handlungen kommt, ist je nach Angebot der Escort-Dame oder des Escort-Herren unterschiedlich.
Wusstest Du, dass auch professionelle Tantra-Massagen in den Bereich der Sexarbeit fallen? Da der Genitalbereich bei der erotischen Massage mit einbezogen wird und es oft zur Erregung kommt, entschied ein Gericht, dass auch Tantra Prostitution sei.
Ähnliches gilt übrigens für das Arbeitsfeld der Sexualbegleitung und Sexualassistenz. Eine Sexualbegleitung richtet sich an Menschen mit Behinderung oder Erkrankungen, die aufgrund ihrer Einschränkungen keine selbstständige Sexualität erleben können. Sexualbegleiter:innen ermöglichen die Erfahrungen von Nähe und Intimität gegen Bezahlung. Von Kuscheln, über Begleitung beim Masturbieren bis hin zum Geschlechtsverkehr.
Du siehst: Prostitution beziehungsweise Sexarbeit ist weit mehr als das klassische Bild von einem Freier, der in einen Puff geht und sich dort Sex von einer Frau kauft. Sexarbeit ist übrigens auch unabhängig von Geschlecht und sexuelle Orientierung. Das gilt sowohl für Kund:innen, wie auch für Sexarbeiter:innen. In Deutschland sind zwar immer noch der Großteil der Prostituierten weiblich und die Kunden männlich, doch auch andere Konstellationen sind möglich und werden auch immer häufiger.
# Gut zu wissen
Übrigens ist auch klar geregelt, was keine Prostitution ist. Porno-Darsteller:innen, reine Table-Dance-Aufführungen, Web-Cam-Angebote und Telefonsex zählen nicht als Prostitution im Sinne des aktuell geltenden Gesetzes.
Seit wann ist Prostitution legal?
Noch bis zum Jahr 2002 galt Prostitution als Sittenwidrigkeit. Sie war zwar nicht verboten, allerdings waren Sexarbeiter:innen schlecht abgesichert, sodass ihnen offiziell nicht einmal das Recht auf Bezahlung zustand. Das änderte sich im Jahr 2002 mit dem Prostitutionsgesetz.
Prostituierten wurden hier weitere Rechte zugesprochen, sodass Prostitution seitdem nicht mehr als Sittenwidrigkeit eingestuft wird. Als sittenwidrig gilt übrigens alles, was gegen die geltenden Gesetze oder moralischen Normen verstößt und damit den „guten Sitten“ widerspricht. Seitdem können Prostituierte ihre Bezahlung einklagen und auch Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung beanspruchen.
Sexarbeiter:innen waren allerdings auch durch das Prostitutionsgesetz noch nicht ausreichend geschützt, sodass 2017 das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) folgte. Seit dem sind Prostituierte rechtlich dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen und sich regelmäßig gesundheitlich beraten zu lassen. Der Sinn hiervon: Prostituierte sollen besser vor Geschlechtskrankheiten und ungewollten Schwangerschaften geschützt werden und Informationen zu ihren Rechten erhalten.
Nach dem gesundheitlichen Beratungsgespräch erhalten Sexarbeiter:innen ihre Anmeldebescheinigung, umgangssprachlich auch „Prostituiertenausweis“ genannt. Dieser muss bei der Arbeit immer mitgeführt werden. Alle Prostitutionsbetriebe benötigen zudem eine behördliche Erlaubnis.
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass das Stärken der Rechtspositionen der Sexarbeiter:innen wirksamer ist, um Ausbeutung und Zwang zu verhindern, als ein Verbot auszusprechen, welches sexuelle Dienstleistungen weiter in Dunkelfeld schieben würde.
Gewalt und Ausbeutung im Kontext von Prostitution sind übrigens über die allgemeinen Körperverletzungsdelikte und Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung hinaus durch weitere spezifische Normen wie Menschenhandel, Zwangsprostitution und Kinderhandel unter Strafe gestellt. Kunden, die sexuelle Dienstleistungen trotz einer Zwangslage in Anspruch nehmen, werden mit einer Freiheitsstrafe bestraft.
Wie verhüten bei Prostitution?
Was für Casual Sex, One-Night-Stands und eigentlich auch alle anderen sexuelle Begegnungen gilt, gilt für Prostitution erst recht: Gute Verhütung ist absolut unverzichtbar! Das sieht sogar auch die Rechtsprechung so.
Als Schutz vor Geschlechtskrankheiten gilt nämlich eine Kondompflicht für Prostituierte. Sowohl oral, anal als auch vaginal ist Sex ohne Kondom verboten. Kund:innen, die dagegen verstoßen, müssen mit einer hohen Geldbuße rechnen! Gruppensex ohne Kondom oder Dreier ohne Gummi sind daher sexuelle Fantasien, die bei einer Sexarbeiter:in nicht erfüllt werden können.
Und wusstest Du, dass Geschlechtskrankheiten trotz Kondom möglich sind? Deshalb ist beispielsweise auch beim Oralverkehr zusätzlicher Schutz nötig. Wenn eine Vulva geleckt wird, kann beispielsweise ein Lecktuch Anwendung finden – blasen mit Kondom ist ohnehin Pflicht.
Um sich zusätzlich zu schützen, lassen sich viele Sexarbeiter:innen regelmäßig auf Geschlechtskrankheiten testen. Die STI Tests sind in vielen Gesundheitsämtern kostenlose möglich. Alternativ gibt es beispielsweise auch HIV Selbsttests, die ganz einfach zuhause durchgeführt werden können.
# Schon gewusst?
Um sich vor ungewollten Schwangerschaften zu schützen, vertrauen viele Sexarbeiter:innen nicht nur auf das Kondom, sondern wenden auch noch andere Verhütungsmittel an. Dazu zählt beispielsweise die Pille, die Hormonspirale und die Kupferspirale.
Gründe für Prostitution: Warum dieser Job?
Sex ist für viele Menschen eine sehr intime Sache, die sie auch nicht mit Fremden teilen möchten. Ein:e Sexarbeiter:in muss aber genau das: Sexuell mit Fremden interagieren. Warum gehen Frauen in die Prostitution? Welche Gründe für Sexarbeit gibt es?
Manche schätzen einfach das sexpositive Arbeiten. Als Prostituierte kann man anderen aktiv dabei helfen, sexuelle Wünsche und Fantasien zu erfüllen. Ob das jeweils auch den sexuellen Vorlieben der Sexarbeiter:in erfüllt, ist natürlich nicht immer gesagt. Doch gerade wenn sich eine Sexarbeiter:in spezialisiert, beispielsweise als Domina, hängt das oft mit eigenen sexuellen Präferenzen zusammen. Dennoch ist für viele Prostituierte der Sex Arbeit, sodass sie nicht zwingend Lust oder gar einen Orgasmus erleben.
Schwerer als die sexuelle Komponente wiegt vermutlich der finanzielle Aspekt. Für Sexarbeit braucht es keine Ausbildung, sodass sich direkt Geld verdienen lässt – je nach Dienstleistung und Anstellungsverhältnis auch nicht gerade schlecht. Nicht alle Prostituierte üben die Sexarbeit übrigens als Hauptberuf aus. Für einige ist sie auch nur ein Nebenverdienst.
Allerdings geht damit auch einher, dass manche Menschen aus finanzieller Not in die Prostitution gelangen und sich freiwillig nicht für diesen Berufsweg entschieden hätten. Prostitution steht vor allem auch deswegen immer wieder in der Kritik, weil Zwangsprostitution und Menschenhandel nicht immer ausgeschlossen werden können. Zwangsprostituierte entscheiden sich nicht freiwillig für die Arbeit in der Branche und werden aus einer Zwangsposition heraus dazu gezwungen. In diesem Fall handelt es sich um keinen Konsens, weshalb Zwangsprostitution und Menschenhandel auch strafbar sind.
Schattenseite Zwangsprostitution und Menschenhandel
Wie kann man also mit dem Spannungsfeld zwischen freiwilliger Sexarbeit und Zwangsprostitution und Menschenhandel umgehen? Wie lässt sich sicherstellen, dass Sexarbeiter:innen ihrer Arbeit wirklich freiwillig nachgehen? Das ist in der Realität gar nicht so einfach. Im Zwangsbereich gibt es sehr ausgeklügelte kriminelle Netzwerke.
Dabei ist die Prostitution übrigens nicht das einzige Gewerbe, das von Menschenhandel betroffen ist. Auch in der Pflege, in der Landwirtschaft, in der fleischverarbeitenden Industrie und im Baugewerbe werden immer wieder Fälle von Menschenhandel bekannt. Es handelt sich also um ein branchenübergreifendes Problem.
Dennoch steht gerade die Zwangsprostitution immer wieder im Fokus, da gerade unkonsensuelle sexuelle Handlungen extrem traumatisierend für die Betroffenen sein können. Es kommt dabei zu schweren Menschenrechtsverletzungen – mit Unfreiheit, Zwang, Gewalt und massiver wirtschaftlicher Ausbeutung.
Bekannt ist ebenso, dass Missbrauch und Gewalterfahrung in der Kindheit, Obdachlosigkeit oder Drogen- und Alkoholmissbrauch das Risiko erhöhen, dass Frauen in die Prostitution geraten. Damit die unfreiwillige Prostitution nicht Überhand gewinnt, ist die Politik gefragt. Es braucht umfangreiche Strafverfolgung, ein bessere Beratungsangebot für Prostituierte und eine entsprechende Begleitung für Aussteiger:innen.
Zwangsprostitution und selbstbestimmte Sexarbeit koexistieren also nebeneinander. Leider verschwimmt hierzwischen auch immer wieder der Graubereich. Beispielsweise bei Frauen, die zwar nicht explizit gezwungen werden, aber aufgrund von finanzieller Not keinen anderen Ausweg sehen.
Wenn wir in diesem Artikel von Sexarbeit sprechen, meinen wir damit ganz explizit nur diejenigen Personen, die sich dieses Arbeitsfeld freiwillig ausgesucht haben und ohne Zwang oder Manipulation zur Prostitution gekommen sind!
Fazit: Auch Sexarbeit ist Arbeit!
Sexarbeit ist eine Form von Arbeit, die von vielen Menschen bewusst und selbstbestimmt gewählt wird. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Sexarbeit wie jeder andere Beruf mit Herausforderungen und Rechten verbunden ist.
Doch es gibt auch gravierende Schattenseiten, insbesondere wenn es um Zwangsprostitution und Menschenhandel geht. Diese kriminellen Machenschaften sind weit entfernt von selbstbestimmter Arbeit und stellen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen dar.
Es ist wichtig, klare Unterscheidungen zu treffen: Während Sexarbeit für viele eine legitime, selbstbestimmte Tätigkeit ist, muss gleichzeitig gegen Ausbeutung und Zwang vorgegangen werden. Ein respektvoller Umgang und der Schutz der Betroffenen stehen dabei im Vordergrund – unabhängig davon, ob jemand freiwillig in der Prostitution arbeitet oder ausbeuterischen Bedingungen ausgesetzt ist.